Ganz der Papa! Der Klassiker, wenn ich mit unserem Kleinen zu Beginn irgendwo aufgetaucht bin. Hört man ja auch immer wieder. Aber warum ist das so? Warum sehen Babys dem Vater ähnlich?
Warum sehen Babys dem Vater ähnlich? Für diese Frage gibt es keine Antwort, weil die Grundannahme dahinter falsch ist. Babys sehen nicht überwiegend dem Vater ähnlich. Bei einer Studie mit Neugeborenen stellten unabhängige Beobachter in zwei Dritteln der Babys vielmehr eine Ähnlichkeit zur Mutter fest. Die Mütter der jeweiligen Kinder waren jedoch alle überzeugt, dass eine Ähnlichkeit zum Kindsvater besteht. Wissenschaftlich kann die Grundannahme somit nicht belegt werden und somit auch keine allgemein gültige Begründung für diese weit verbreitete Annahme geliefert werden.
Auch wenn es keine wissenschaftlichen Belege für die Ähnlichkeit von Neugeborenen und ihren Vätern gibt, ist diese Behauptung sowohl im gesellschaftlichen als auch im wissenschaftlichen Bereich immer noch stark verbreitet. Neben den belegbaren Fakten gibt nämlich sehr wohl einige Anhaltspunkte, die dafür sprechen.
Warum Babys dem Vater doch ähnlich sehen?
Wie bereits in der Kurzantwort auf die Frage beschrieben, deuten Studien eher daraufhin, dass es keine überproportionale Ähnlichkeit zwischen Vätern und Neugeborenen gibt. Dennoch gibt es viele Erklärungsansätze – auch aus dem wissenschaftlichen Bereich -, aus denen sich ein solcher Zusammenhang ableiten lässt und sogar logisch erscheint.
Die Evolution begünstigt Ähnlichkeit, weil sie die Fürsorgebereitschaft erhöht
Ein Vater befindet sich bei jeder Geburt immer in einer gewissen Unsicherheit. Anders als die Mutter kann er nie sicher sein, dass es sich tatsächlich um sein eigenes Kind handelt. Einige Wissenschaftler unterstellen daher eine durch die Evolution bedingte Ähnlichkeit zwischen Kind und Vater. Diese Ähnlichkeit soll dazu führen, dass durch die dadurch geschaffene Sicherheit, die Bereitschaft des Vaters steigt sich um Mutter und Kind zu kümmern.
Mütter sind sich sicher
Mütter sind sich nicht nur sicher, dass es sich um ihr eigenes Kind handelt. Dieser Fakt ist durch die Geburt ohnehin unstrittig. Sie sehen aber in den meisten Studien auch zu 100 % Ähnlichkeitsfaktoren zwischen Ihrem Nachwuchs und dem Vater. Teilweise sehen hier Forscher auch einen unbewussten Prozess bei den Müttern. Sie bemühen sich den Partner in seinem Glauben an die Vaterschaft zu bestärken, um Misstrauen an der Vaterschaft zu vermeiden. Da sie in den meisten Partnerschaften zudem auch das kommunikativere Element stellen, verbreitet sich diese Erkenntnis gesellschaftlich entsprechend stark. In der Regel hat so jeder schon einmal von diesem Zusammenhang gehört. Wenn etwas oft genug wiedergegeben wird, muss ein gewisse Wahrheit enthalten sein.
Aufteilung zwischen Vater und Mutter
Es gibt zudem die Ansicht, dass viele Kinder in der frühen Phase bis hin zum ersten Jahr dem Vater ähneln. Später nach dem ersten Lebensjahr sollen dann wiederum die Ähnlichkeiten zur Mutter überwiegen. Dieser Ansatz ist wiederum der Ansicht geschuldet, dass ein Vater ein Kind weniger annimmt und gegebenenfalls sogar verstößt, wenn es nicht offensichtlich sein eigenes ist. Zu einem späteren Zeitpunkt ist das dann weniger wichtig und ein „Wechsel“ zur Mutter kann erfolgen. Auch hier gibt es keinen belastbaren wissenschaftlichen Hintergrund. Während sich dieser Zusammenhang für die frühen kindlichen Phasen nicht belegen lässt, existieren Belege für die späteren Jahre. Hier wird im Laufe der Jahre eine stärkere Ähnlichkeit zwischen Söhnen und Vätern und Töchtern und Müttern beobachtet. Die Forscher führen dies in der Regel auf die Sexualhormone zurück.
Die Evolution begründet aber zugleich die entgegengesetzte Annahme
Während manche Wissenschaftler die Frage „Warum sehen Babys dem Vater ähnlich?“ mit der Vorteilhaftigkeit einer Ähnlichkeit im Rahmen der Evolution begründen, sehen andere hier das genaue Gegenteil. Es kann für ein Baby durchaus von Vorteil sein, dem Vater nicht ähnlich zu sehen. Wäre die generelle Regel wahr, dass ein Vater seine Nachkommen bei der Geburt am Aussehen erkennen könnte, dann wären Kuckuckskinder immer benachteiligt. Die Evolution ist aber keine moralische Instanz, sondern sie ist am Fortbestand und Überleben einer Art interessiert. Insofern ist es von Vorteil wenn ein Kind in der Regel keine Ähnlichkeit aufweist und somit die Wahrscheinlichkeit der Fürsorge durch den Vater eben nicht davon abhängt. Ausschlaggebender ist an dieser Stelle das Kindchenschema, mit dem sich Babys nicht nur die Zuwendung der Väter sondern auch anderer Personen sichern. Ähnlichkeit und Zuneigung nur auf deren Basis würde die Erfolgschancen auf Zuneigung und in deren Folge Überleben unnötigerweise senken.
Erbliche Grundlagen sind zu komplex
In Summe sind wir alle das Ergebnis unserer Gene bzw. unseres genetischen Bauplans. Die Forschung hat hierbei nun festgestellt, dass Kinder von der Mutter wesentlich mehr genetische Merkmale mitbekommen als vom Vater. Das liegt unter Anderem am geschlechtsbestimmenden Chromosomenpaar. Auf dem X-Chromosom der Frau liegen ca. 1100 Gene. Das männliche Y-Chromosom hat nur 80. Das Aussehen wird entscheidend durch unseren „Bauplan“ mitbestimmt, was der generellen Ähnlichkeit zum Vater widersprechen würde. Zudem haben nicht nur Mutter und Vater Einfluss auf das Aussehen. Auch genetische Eigenschaften der Großeltern spielen eine Rolle bspw. Bei Haarfarbe bzw. -struktur. Hier kann beispielsweise ein Junge mit einer höheren Wahrscheinlichkeit die Haare bzw. Veranlagung des Großvaters mütterlicherseits erben.
Ist Ähnlichkeit Wichtig um eine Bindung zu entwickeln?
Bleibt noch wie Frage, warum das Ganze? Ist es überhaupt wichtig, dass das Baby wie der Vater aussieht, oder die Mutter?
Eine Theorie „Warum Babys dem Vater ähnlich sehen?“ ist ja wie beschrieben, die gesteigerte Fürsorgebereitschaft. Es sollte zwar keinen Unterschied machen, aber viele Väter und Eltern fühlen sich ihren Kindern näher, wenn sie sich in ihnen wiedererkennen. Vertrautes schafft Sicherheit und verbindet. Insofern kann eine Ähnlichkeit wichtig für die Bindung sein, sie muss es aber nicht.
Das Gegenteil ist nämlich genau so existent. Ähnlichkeiten gibt es auch im Negativen. Dinge, die man an sich selbst ablehnt und dann in seinem Kind wiederfindet, klären zwar die Zugehörigkeit, schaffen aber nicht zwingend Nähe.
Wie bei allem ist, es typabhängig wie essenziell sich eine Ähnlichkeit auf die Zuneigung zum eigenen Kind auswirkt. Es sollte allerdings mittel- und langfristig eine untergeordnete Rolle spielen, da es im Leben mit Kindern noch wesentlich spannenderes und Herausforderndes gibt, als eine oberflächliche Ähnlichkeit.
Die letzte Sicherheit
Was bleibt, wenn man so gar keine Ähnlichkeit entdecken mag, diese aber für einen selbst doch extrem wichtig scheint?
Die Natur hat nicht vorgesehen dass alles Kinder ihren Erzeugern exakt ähneln. Ein Blick in Familien mit Geschwisterkindern mach deutlich, dass trotz gleicher Eltern sowohl optisch als auch charakterlich total unterschiedliche Kinder herauskommen können. Daran kann man nichts ändern.
Die Frage die man sich aber stellen sollte ist, warum ist mir das so wichtig? Bin ich verunsichert und wenn ja warum? Brauche ich Bestätigung für mich als Person, dass ich wichtig oder wertvoll bin? Zweifle ich begründet oder unbegründet an meiner Beziehung?
Wenn etwas Natürliches, wie das nicht Vorhandensein von Ähnlichkeit bei einem Neugeborenen für mich ein nachhaltiges Problem darstellt, dann liegt die Ursache hierfür meist woanders. Anstatt sich dann den Kopf über etwas zu zerbrechen, das man nicht beeinflussen kann, sollte man sich um das eigentliche Thema kümmern.
Ähnlichkeit mit dem Kind ist dann eher ein Stellvertreterthema. Sucht das Gespräch mit Eurer Frau oder einer Person Eures Vertrauens. Zu guter Letzt bleibt immer noch ein Vaterschaftstest. Allerdings sollte man sich hier gut überlegen, inwieweit die Klärung der Frage und Lösung dieses Problems, nicht eine wesentlich größere Baustelle eröffnet.
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