Im Verlauf des zweiten Lebensjahres entwickeln die Kleinen zunehmend eine eigene von außen wahrnehmbare Persönlichkeit und ein eigenen Willen. Diesem möchten sie dann auch Ausdruck verleihen, werden aber von den Eltern oft nicht verstanden. Frust und Trotz in der Trotzphase sind dann die Folge. Die Sprache ist zu diesem Zeitpunkt oft noch nicht entwickelt, würde aber soviel verändern. Da fragt man sich dann unweigerlich, wann lernen Kinder eigentlich Sprechen?

Wann lernen Kinder sprechen? Das Sprechen lernen ist ein kontinuierlicher Prozess in der Entwicklung eines Kindes, den man nicht an einen bestimmten Zeitpunkt fixieren kann. Während die Sprachentwicklung eigentlich mit der Geburt und dem ersten Schrei startet, sprechen die meisten Kinder das erste richtige Worte im Bereich zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat. Zu diesem Zeitpunkt werden aber bereits ca. 10 mal so viele Worte verstanden, wie gesprochen. Ab dem 18 Lebensmonat nimmt die Anzahl der gesprochenen Worte dann immer mehr zu und es werden bereits die ersten Worte verbunden. Mit drei Jahren ist das Sprachverständnis dann fast ausgereift.

Wie die sprachliche Entwicklung im Einzelnen abläuft und welche Fragen und Themen noch damit verbunden sind, habe ich im Folgenden zusammengetragen.

Wann und wie Kinder sprechen lernen

Die Frage „Wann lernen Kinder sprechen?“ müsste zuerst mit einer Gegenfrage beantwortet werden: „Was bedeutet, für Dich ’sprechen lernen‘?“ Ist damit der gesamte Prozess gemeint, oder nur der tatsächliche Zeitpunkt, an dem ein Kind anfängt Worte auszusprechen?

Vorgeburtliches Lernen

Der Prozess des Sprechenlernens beginnt nach Ansicht der Forschung nämlich bereits während der Schwangerschaft im Mutterleib. Ab der 24. Schwangerschaftswoche können Babys hören und lauschen fortan aktiv den Geräuschen. Sie ordnen insbesondere Stimmen zu. Die Stimme der Mutter beruhigt, während fremde Stimmen das Interesse anspringen lassen bspw. mit einer erhöhten Herzfrequenz.

Babysprache für das Sprachverständnis

Nach der Geburt dauert es dann nicht lange, bis das Baby sprachliche Muster erkennt und mit Situationen zu verknüpfen beginnt. Eltern sprechen in dieser Zeit meist intuitiv und überbetont in der sogenannten Babysprache mit ihrem Kind. Dies ermöglicht dem Baby schnell (zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat) einzelne Wörter aufgrund von Betonung und Lautunterschieden einzelnen Situationen zuzuordnen. So schulen sie frühzeitig ihr Sprachverständnis als Basis für das spätere Sprechen.

Die ersten Sprechversuche

Mitte des ersten Lebensjahres versuchen sich die Kinder dann am ersten konkreten Plappern. Aufgrund ihres in den ersten Monaten gewonnenen Sprachverständnisses können sie nun gehörte Worte teils durch Zeigen oder Zuwendung zuordnen. Sie plappern mehr und einzelne Silben vor sich her und orientieren sich dabei an ihnen bekannten Wörtern (bspw. ‚da‘, ‚pa‘ oder ‚ma‘). Das Plappern ist jetzt auch nicht mehr rein wahllos, sondern der Muttersprache und dem Gehörten zuordenbar. Das erste ‚Papa‘ oder ‚Mama‘ steht vor der Tür, auch wenn es nicht zwingend das erste Wort sein muss. Legt man diese ersten Versuche als Sprache aus, ist dies der Beginn wann Kinder sprechen lernen.

Die ersten Worte

Mit Beginn des zweiten Lebensjahres, zwischen dem 12. und 18. Monat, sprechen dann die meisten Kinder ihr erstes deutliches Wort. Meist handelt es sich dabei um sogenannte Protowörter, einfache Wörter mit mehrfacher Bedeutung. So kann ein „Wauwau“ für ein Kind in dieser Phase sowohl Hund als auch Katz sein und ein „Tatütata“ alles mit Blinklicht. Um den 18. Monat herum werden dann ca. 100 Wörter konkret verstanden und durchschnittlich bis zu 10 Wörter gesprochen.

Aufbau eines eigenen Wortschatzes

Zwischen eineinhalb und zwei Jahren, wird der Wortschatz dann sukzessive erweitert und eventuell schon kurze Zwei-Wort-Sätze gebildet. Das muss aber nicht bei allen Kindern der Fall sein. Stille Beobachter sammeln und verstehen ggf. viele Wörter, ohne sie direkt selbst auszuplappern.

Die ersten Gespräche

Mit dem dritten Geburtstag ist dann der Zeitpunkt erreicht, an dem man festmachen könnte, das ein Kind nun im Wesentlichen sprechen kann. Es verfügt dann über einen relativ breiten Wortschatz und ein ausgereiftes Sprachverständnis. Sogar einzelne grammatikalische Ausprägungen und Unterschiede werden dann erkannt. Erste richtige Unterhaltungen werden so mehr und mehr möglich. Die weiteren Veränderung geschehen ab diesem Zeitpunkt mehr und mehr unmerklich.

Was tun, wenn Kinder nicht anfangen zu sprechen?

Die erste Elternregel sollte sein, nichts überdramatisieren. Wann Kinder sprechen lernen ist auch abhängig von der individuellen Entwicklung. Kinder entwickeln sich in unterschiedlichen Geschwindigkeit und in unterschiedlichen Bereichen. Während ein Kind sehr früh das Laufen beginnt und dafür spät spricht, formt das andere früh erste Zwei- und Drei-Wort-Sätze bekommt aber den Hintern nicht hoch. Entwicklung ist auch für Kinder anstrengend und man kann seine Energie nicht überall gleichzeitig investieren.

Im sprachlichen Bereich kommt hinzu, dass etwa die Hälfte aller Kinder sogenannte sprachliche Spätentwickler (late bloomer) sind. Das bedeutet, in den frühen Phasen der Sprachentwicklung sind diese Kinder meist nicht dabei, schaffen aber in der Regel den Anschluss zum Feld bis zu ihrem dritten Geburtstag. Sollte sich danach noch nicht eine erkennbare Entwicklung abzeichnen, findet man professionellen Rat und Hilfe bei seinem Kinderarzt.

Gibt es sprachliche Unterschiede bei Jungen und Mädchen?

Forschungen haben gezeigt, dass es deutliche Unterschiede bei der sprachlichen Entwicklung zwischen Jungen und Mädchen gibt. Bereits im Alter von drei Monaten reagieren demzufolge die Gehirne von Jungen und Mädchen unterschiedlich auf Sprache. Mädchen beherrschen in der Folge auch im Durchschnitt drei Monate früher als Jungs Wort-Gesten-Kombinationen. Dies ist wiederum die Basis für das Bilden von Mehrwortsätzen. Während Jungs in grobmotorischen Fähigkeiten meist einen Vorsprung besitzen, hinken sie den Mädchen sprachlich und in anderen Wahrnehmungsbereichen bis zum dritten Geburtstag meist hinterher. Wann Kinder sprechen lernen hängt also auch zu teilen vom jeweiligen Geschlecht ab.

Kann man Sprechenlernen fördern?

Das Sprechen lernen kommt eigentlich ganz von alleine. Nichtsdestotrotz gibt es ein paar Dinge, die Eltern zur Förderung tun können.

  • Lies Deinem Kind vor – das fördert das Sprachverständnis und erweitert den Wortschatz.
  • Rede viel mit dem Kind – von Tag eins sollte man viel und intensiv mit dem Kind reden. Wichtig ist dabei auch vor allem der Blickkontakt, da ein Kind so von der Nachahmung lernen kann.
  • Sprechen soll Spaß machen – korrigiere das Kind nicht, wenn es mal ein Wort oder einen Satz falsch ausspricht. Das nimmt ihm in der frühen Entwicklung den Spaß an der Sache. Einzig den Satz oder das Wort selbst für sich in der Situation zu wiederholen, kann ein Ansatz sein. So kann man indirekt als Vorbild dienen, ohne zu kritisieren.
  • Ermutige Dein Kind – lass es aussprechen und zeige Interesse an dem Gesagtem, auch wenn es etwas Belangloses sein mag. Viel Übung macht den Meister.

Woran erkennt man Probleme bei der Sprachentwicklung?

Probleme in der Sprachentwicklung erkennt man meist am Stocken oder ausbleiben derselben in einer bestimmten Phase. Auch wenn sich Kinder nicht immer gleich schnell entwickeln, fällt Eltern schnell auf, wenn es nicht mehr vorangeht oder etwas komisch erscheint.

Zu einem frühen Zeitpunkt wie bspw. in der Plapperphase des ersten Jahres kann es auffällig sein, wenn das Kind entweder wenig auf Ansprache reagiert oder extrem still bleibt und nicht plappert. Hier sollte man im Zweifel vom Kinderarzt überprüfen lassen, ob das Gehör in Ordnung ist.

Auch Auffälligkeiten zu einem späteren Zeitpunkt können von Eltern daran erkannt werden, ob es erhebliche Abweichungen von der durchschnittlichen Entwicklung gibt. Wie zuvor erwähnt, Entwickeln sich Kinder in unterschiedlichen Geschwindigkeit und es gibt sie, die stillen Beobachter. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt werden Abweichungen von den normalen – hier im Artikel beschriebenen – Phasen überdeutlich. Ein Gang zum Kinderarzt oder zum Logopäden kann dann Klarheit schaffen.

Verwandte Themen und Fragen

Was ist ein Late Talker? Als „späte Sprecher“ oder auch Late Talker werden Kinder bezeichnet, die zwischen dem 1. und 3. Lebensjahr eine deutlich verlangsamte Sprachentwicklung aufweisen. Zwischen 10 und 20 % der Kinder können davon betroffen sein. Organische Ursachen wie bspw. eine Hörstörung liegen hierbei nicht vor.

Gibt es ein Liste von Wörtern, die ein Baby können sollte? Für die U7 beim Kinderarzt (zw. dem 20. und 24. Lebensmonat) gibt es eine Liste von rund 250 Wörtern, die ein Kind verstehen sollte und mindestens 20 bis 50 Worte, die es sprechen können sollte.

Wann lernen Kinder laufen? Zwischen dem 10 und dem 12 Monat machen die meisten Kinder ihre ersten zaghaften Schritte. Ab einem Alter von ca. 16 Monaten können etwa 90 Prozent aller Kleinkinder laufen.

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